Seymour Papert: "Computer als Kondom"

Seymour Peypert in Moskau bei einem Treffen mit Mitgliedern des "temporären wissenschaftlichen und technischen Teams der SCHULE", 1987

Das Besprechen von Notizbüchern mit lokalen Lehrern erinnerte mich an mein Treffen mit Mr. Condom in Thailand. Sein richtiger Name ist Michai, aber er trägt stolz den Spitznamen, der für seine Arbeit zur Erziehung der Landbevölkerung vom Stadtrand zum Gebrauch von Kondomen vergeben wurde. Statistiken zeigen, dass er einen wesentlichen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Geburtenkontrolle und zur Verbreitung sexuell übertragbarer Krankheiten geleistet hat. Ich erinnerte mich an Kuhn Michai (Kuhn ist Mr. Thai), weil seine Methode, den Landbewohnern den Umgang mit Kondomen beizubringen, uns helfen kann, jedem etwas beizubringen. Ich persönlich habe aus seinen Worten eine Lektion über „Lernen als kreative Lösung für Probleme“ gelernt.

Er erklärte sein Problem folgendermaßen: Wenn Sie bei einem Dorftreffen auf die Beine kommen und sagen, dass Sie über etwas im Zusammenhang mit Sex, Schwangerschaft oder Kondomen sprechen möchten, wird Ihr Publikum innerhalb von drei Minuten verdunsten. Was wirst du tun? Jemand könnte versuchen, die Botschaft zu übermitteln, ohne erschreckende Dorfwörter zu verwenden. Meiner Meinung nach wäre dies nicht nur unwirksam, sondern auch unehrlich - und wie ich in dieser Kolumne mehrmals gesagt habe, verbinden sich echte Bildung und Täuschung nicht. Michais Entscheidung war so ehrlich wie witzig: Wenn Sie nur drei Minuten Zeit haben, finden Sie heraus, wie Sie sie so produktiv wie möglich einsetzen können! Deshalb entwickelte er ein dreiminütiges Programm.

Er steht während eines Dorftreffens auf und fragt direkt: "Weißt du, was ein Kondom ist?" Die Spannung baut sich immer schneller auf, während er eine Kondompackung aus der Tasche zieht und sie öffnet und sagt: „Schau, ich zeige dir, was du dagegen tun kannst.“ Wenn das Drama der Situation an seine Grenzen stößt, führt er das Kondom an den Mund und bläst es wie einen Ballon auf. (Ich habe versucht ... sie können auf erstaunliche Größen aufgeblasen werden!) Während alle benommen sitzen, fesselt er sie, zieht einen Filzstift heraus, zeichnet ein lustiges Gesicht darauf und wirft sie in die Menge. Eine weitere Kondompackung kommt. Er hat mehrere Möglichkeiten für das gleiche Thema und ziemlich bald kichert das Publikum.

Sobald ein Lachen zu hören ist, sagt er "Danke" und geht. Und alle! Wenn Sie in einem Jahr zurückkehren, werden Sie feststellen, dass die Lektion Wirkung gezeigt hat.

Ich vergleiche dies mit der Sexualerziehung, die ich in der Schule besucht habe. Der Lehrer zeigt eine Zeichnung, die das menschliche Genitalsystem zeigt, und liest eine Vorlesung voller Informationen über Physiologie. Ich hörte ihn fast in seinem Kopf „Material“ abhaken, das während dieser Lektion „abgedeckt“ werden sollte. Michai lehrte nichts dergleichen. Können wir also nennen, was er getan hat, Sexualerziehung? Ich werde ja sagen ... Er erklärte diesen Leuten etwas viel Wichtigeres als die trockenen Fakten, die sie wahrscheinlich kannten oder wissen konnten. Er lehrte sie, ihr Bewusstsein für jene Objekte zu öffnen, die sie zuvor gemieden hatten. Er zeigte, dass sie über ein Thema scherzen können, das zuvor ihren schüchternen Verstand zu einem engen Knoten zusammengebunden hatte.

Die Methode von Kuna Michai kann in viel mehr Themen angewendet werden, nicht nur in der Sexualerziehung in den Dörfern Thailands. Es geht darum, den Geist der Menschen zu öffnen, um etwas zu studieren. Kinder, deren Verstand es ablehnt, Brüche, Grammatik oder historische Daten auswendig zu lernen, brauchen etwas Ähnliches wie Michai seinen Schülern statt einer sorgfältig geplanten Lektion voller Fakten, die in einer Art Lehrplan dargelegt sind.

Was ist mit Laptops? Meine Idee, einen Computer zu benutzen, hat viel damit zu tun, ein Kondom zum Spaß aufzublasen. Es war nicht „nur ein Spiel“, sondern ein Spiel mit einem Ziel. Dies erinnert mich an die Fünftklässlerin Debbie, die an einem Pilotprojekt an der Schule von Ph.D. Idit Harel (der zu dieser Zeit meine Schülerin war) in einem der härtesten Viertel Bostons teilgenommen hat. Debbie hasste Mathe und widerstand allem, was damit zu tun hatte. Erhielt die niedrigsten Punktzahlen für Tests. Sie lernte Programmieren, weil es ihr erlaubte, mit Wörtern und Gedichten zu spielen, die sie liebte. Sobald sie gelernt hatte, Programme zu schreiben, fand sie einen Weg, Brüche mit Worten und Gedichten zu verbinden. Dies veranlasste Debbie, sich zu erlauben, über diese zuvor schrecklichen Dinge nachzudenken. Und dann zum Universellen, aber vor allem - zu ihrer eigenen Überraschung war ihre Bewertung für den Fraktionstest eine der höchsten.

Übersetzung: Olya Mars

Noch

"Weder Mathematik noch eine Person können vollständig verstanden werden, wenn sie voneinander getrennt sind."
- Seymour Papert

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